Bügelwäsche
nicht zum ersten Mal
bügelt eine schmale Hand
Ernüchterung aus Taras Stirn
zerknitterter Zwirn
glatt gestrichen
sorgsam zusammengelegt
unter Lieblingsbücher und
seltene Tücher die Guten
für Tisch und Bett
hier hütet die grüne Vitrine
ihr süßes Geheimnis
solange sie kann
(©IW, 2023)
unverhofft hell
Hörst du das Kichern des Windes
wenn junges Gras
ihn bäuchlings streift
wenn Löwenzahn zahm
weder brüllt noch beißt
wie bunt duftet plötzlich das Feld;
nach letztem Frost klingen
die Morgen noch kühl
Schneeglöckchen läuten
und locken die Leute
ins Heute
schmeckst du das Leben
siehst du wie unverhofft hell?
(©IW, 2022)
spiegelverkehrt
Schneeschmelze am Wegesrand
auf einer Pfütze windstill der Frühling
in seinen Himmel wachsen
Träume wie Bäume
eine dünne Schicht Sein
über lieblosem Stein
die verkehrte Welt
für einen Moment
etwas heiler denn je.
(©IW, 2021)
leichtfertig
herzliche Worte schüttelst du leicht
fertig aus Ärmeln sie
ebnen den Weg
für Jemand und Niemand
begegnen als Streugut
manch eiligem Schritt
beschmeichelnder Eindruck
so en passant
ich lese die Kostbarkeit
auf
meinen Händen
trage ich sie
als blütenblättrige Schönheit
nach Haus
meine Tür fällt ganz zaghaft
ins Schloss und gleich
durch ernüchterte Finger
nur leichtfertiger Schall und Rauch
(©IW, 2020)
meine Nähe
wie ein Betttuch
so weiß
Porzellan
zur Verzierung
zu Füßen gelegt
spröde Hände
bemalen nur sich
bespachteln
achtlos die Nacht
ein Schritt zu viel
betritt
mein Gesicht
als sie zerbricht
(©IW, 2020)
blaue Segel
cobaltblau
winkst du dem Wind
gaukelnde Wellen brechen
das Licht deiner Iris
zwei Seeschwalben
hissen darin ihre Segel
es stranden nur wir
mit dem Treibgut
vielleicht
(©IW, 2020)
Moulin Rouge
Nächtliche Federn erheben sich
fraglos ganz himmlisch und Wolken
aus Gaze fliegen uns zu
hinter rauschenden Fächern
entblößt sich der Wind
eure Paarweise tanzt den Cancan.
Die ewige Mühle dreht sich im Kreis
gestellt werden Fragen natürlich
nicht sich sondern mir
in den Weg als Wieso und Warum
überfallen sie mich immer wieder.
Don Quijote lächelt verstohlen
in mir und geht ..... seiner Wege.
(©IW, 2019)
Nagelprobe
(Hommage an Günther Uecker)
Nicht festzunageln sticht er mir ins Aug'
besticht er stellt mich auf die Nagelprobe
bohrt das Stahlhart durch Verkrustung
bis hinein zum weichen Kern.
Aus AugenWinkeln fällt das Licht
auf ein Als-Ob
was fest vernagelt mir die Sicht
nimmt Formen an und irrlichtert vorbei
als sei's ein Heringsschwarm
organisch biegsam tanzt er
mich in Trance
begeistert steh' ich nicht mehr
still.
(©IW, 2019)
Niemandsland
Täglich zieht ihr Lippenstift
eine rote Linie quer nicht queer
durch ihre Einzig-Artigkeit;
verstohlen fahre ich
an ihr entlang im Niemandsland
zwischen Wollen und Sollen
wo Grenzposten Einhalt gebieten
Halt bieten seit Kindertagen
mit rot lackierten Zäunen
das Fühlen lehren und leeren;
wie die Lippen heute
verankern sie blutrot
das Unmögliche
als wäre es naturgegeben
von Anbeginn nur
vermeintlich frei.
(©IW, 2018)
Klangspektrum
angemischt
ohne Farben
eingemischt
ohne Nuancen
die sehr wohl
klingen können
in mir
(©IW, 2019)
wahlverwandt
Unterwegs in ihrem Jeweils
hätten sie sich allein
um ein Haar verfehlt
kaum mehr eines
passt nun zwischen sie.
Gekreuzte Lippen verleihen
ohne zu kreuzigen
dem Mund die Farbe die
der andere gerade braucht.
Und warum vier Augen
wenn doch drei genügen
um die Vielfalt zu sehen
über die Einfalt hinaus.
(©IW, 2019)
Lippenlesen
An diesem Tag
legt sich der Herbst zu ihr
auf der Zunge
verwelken Papillen
es schmeckt verschattet
mehr nicht.
Spinnen weben Luft
von Ast zu Ast
ein Gedanke verfängt sich.
Vielleicht doch einmal
ihren Mund verschicken
in Braille an dich brieflich
um blindlings
mit deinen Fingerkuppen
von ihren Lippen
zu lesen was sie
dir nie sagten.
(©IW, 2018)
Reise nach Jerusalem. Kein Spiel.
Dort wo die Musik spielt
bieten sie ihr Stühle an
das Orchester probt
nicht den Aufstand
wohl an ihrer Stimmgabel
scheiden sich
die Geister.
Das Ende vom Lied
lässt keinen Platz mehr
frei
auf der Arche Noah
reist sie nach Jerusalem
findet ohne Taktstock
taktvoll ihren Ton
an der Außenseite
eures Klangs.
(©IW, 2018)
an die Muse
Vor einer Wand aus Leinen
bedeckst du
ihre Haut vielschichtig
setzt Lesezeichen kunstvoll
in mein Augenlicht
ihr Buch mit sieben Siegeln
trägt Blattgold
nicht dick auf
entblättert sich
nur ärmellos.
Dies Geschmeide perlt
nicht an mir ab
ungerührt jedoch
verzieht ihr Lichtblick
vor mir keine Miene.
(©IW, 2018)
beflügelt
In ihren Zimmern
fehlen die Gardinen
kein Ausblick
ohne Einsicht
weites Blickfeld als
Blick weit über die Felder
hinter alle Horizonte
Fensterflügel offenherzlich
beflügeln die Lunge
bitten das Leben herein.
Es geschah einst
da lehnte sie sich
mit Schwingen aus Wachs
zu weit hinaus
flog zu nah......zu nah
am anderen.
(©IW, 2017)
das Tagebuch
kapitelweise
schreibt sie sich
in den Wind
ankert täglich
in Wetterwendigkeit
Böen reißen launisch
Gültiges heraus
als wäre dieses
immer schon
ohne Belang
gewesen
Gewohntes wird
unbewohnbar
zerzaust flattert ihr Haar
nahe der Reling
(©IW, 2017)
er.zeugt
ohne ihn
wäre sie nicht
mit ihm
ist sie nicht
einsam fielen
seine Entscheidungen
über sie her
schufen nackt
und
bloß
Fakten
(©IW, 2017)
das Rad des Pfaus
Der Pfau hat Schlagseite
sein Rad
läuft nicht rund
das der Menschen auch nicht
obwohl sie es erfanden
gerädert
trägt er stattdessen
den Kopf unter dem flügel-
lahmen Arm als wäre er dort
erträglicher
mit all seinen Hirnwinkeln
wie „Schöner Wohnen“
voller Sessel
besessen von ihr
in einer Stola aus
seinen schillernden Pfauenaugen.
(©IW, 2018)
unmöglich
Wie
soll sie denn
da sie ja
so sehr
so lang schon
immer wieder
noch immer
weiter tagein
tagausgangs auch
plötzlich nicht
mehr?
(©IW, 2018)
bildlich
Weit vor dem Bild
das du vor ihr abgibst
liegt das Vorbild
das du ihr nie hast sein können;
heute stellt sie es hinter die Tür
um zu vergessen
wie sehr sie es gebraucht hätte;
am Fenster ein Tisch
darauf lebendig alle Farben
künftig angemischt
auf ihrer Palette
ohne dein Einverständnis.
(©IW, 2018)